Bericht über Weihnachten 2004 in der katholischen Südkirche in Peking, verfaßt am 1. Januar 2005:

 

Da hatte ich also in Peking wieder einmal eine eindrucksvolle Dokumentation eines blühenden und ungehindert wachsenden katholischen Lebens erlebt, und wir checkten am 27. Dezember 2004 am Flughafen in Peking zum Flug nach Frankfurt ein. Unter den Fluggästen war auch eine ältere Frau, die in der Hand eine Figur trug, die Maria mit dem Kinde darstellte. Die Figur war unverpackt, und die Frau wollte sie wohl als Handgepäck mitnehmen, damit sie nicht beschädigt wird.

Ich schaute das kleine Kunstwerk an, und ob des zuckersüßen Aussehens (die Statue war in Pastellfarben bemalt, mit Glitzer auf den Krönchen der dargestellten Figuren) mußte ich ein bißchen lächeln. Die Frau, die dazu noch ein Jesus-T-Shirt trug, fragte mich: "Where do you come from?" und ich antwortete, daß wir Deutsche seien und, bezugnehmend auf ihr Aussehen, daß wir an dem überwältigenden Gottesdienst in der katholischen Südkirche in Peking teilgenommen hätten.

Sie sagte, daß sie auch dagewesen sei. Und fragte, ob wir auch noch anderswo in China gewesen seien, was ich verneinte. Sie sagte sodann weiter, daß sie an verschiedenen Orten gewesen sei, und nirgendwo habe sie irgendetwas bemerkt, wie jemand an der Ausübung des Glaubens behindert worden sei. Wo sie doch immer gelesen habe, daß Christen in China verfolgt ("persecuted") würden.

Im Flugzeug dann blätterte ich in einem Heft des STERN Nr. 53/2004. Es war darin eine große Reportage, wie Weihnachten in verschiedenen Ländern gefeiert wird, und da las ich mit wachsendem Erstaunen über China:

China
Das Licht ist gedämpft, die hohen Wände und Fenster sind mit Stoff verhängt. Das gibt dem Raum eine festliche Atmosphäre, doch die Dekoration dient vorwiegend als Sichtschutz. Kein Lichtstrahl und kein Ton darf nach draußen dringen, wenn die 400 Christen der verbotenen Untergrundgemeinde in Peking "Stille Nacht, Heilige Nacht" singen. Die meisten sind Studenten, was es ihnen ermöglicht hat, die Uni-Mensa unter einem Vorwand für die Christmette zu mieten. Zur Tarnung haben sie den Termin auf den Sonntag vor Weihnachten gelegt. Der 24. Dezember ist in China ein ganz normaler Arbeitstag. Aus zwei roten Plastikbahnen haben die jungen Leute ein Kreuz gebildet und chinesische Schriftzeichen ausgeschnitten: "Sheng dan kuai le", frohe Weihnachten, steht nun unter der Luftballon-Girlande. Ein Prediger hat aus der Bibel vorgelesen, dann haben die Versammelten die Weihnachtsgeschichte nachgespielt und Weihnachtslieder in chinesischer Übersetzung gesunden. Nach dem Gottesdienst bekamen alle Äpfel, Orangen und Erdnüsse geschenkt.
Größter Wunsch zum Fest 2004: Wieder Weihnachten feiern zu können. Ob es gelingt, ist ungewiss. Vor knapp drei Monaten wurde der Prediger verhaftet - wegen "Verbreitung illegaler Schriften" und weil er "ohne Genehmigung" christliche Schriften kopiert habe.

Über dem Bericht findet sich in Bild von in merkwürdige Gewänder gekleideten jungen Menschen, das eher nach Sektiererei denn einem normalen Gottesdienst aussieht.

Nun frage ich mich: Was in aller Welt veranlaßt den Stern, ein derart verfälschtes Bild vom chinesischen Christentum in die Welt zu setzen? Das habe ich in einem Leserbrief denen auch geschrieben.

Jedermann darf in China christliche Schriften erwerben und verbreiten.

Nicht nur in Peking ist das so. Verwandte von mir haben in einem kleinen chinesischen Dorf eine kleine katholische Kirche und katholische Christen angetroffen, denen niemand einen Stein in den Weg legt - im Gegenteil. Es wird dort in der Kirche nichts und niema

An der Kirche in Peking, in der auch ich war, gibt es zwei kleine Läden, in denen man sich in beliebiger Menge mit religiösen Artikeln eindecken kann.
Auch Bilder gibt es dort zu kaufen, z.B. dieses (im Original in sehr schöner Qualität, etwa in DINA4-Größe):

 

Ich habe dieses Mal in einem der beiden Läden an der Kirche eine kleine rote Bibel mit Goldschnitt in chinesischer Schrift für 10 Yuan erworben (umgerechnet ca. ein Euro). Sie steht jetzt zuhause auf meinem Schreibtisch. Und zwar in der Nähe der kleinen roten "Mao-Bibel" (Worte des Vorsitzenden Mao Tse-Tung), Original-Ausgabe in deutsch aus der Erstauflage aus dem Verlag für fremdsprachliche Literatur Peking 1967, die ich vor ca. zwei Jahren 40 Yuan erworben habe. Die letzten Exemplare dieser "Bibel" sind jetzt nur noch schwer an den Mann zu bringen. Ihre Gültigkeitsdauer ist schnell abgelaufen, ebenso wie das Tausendjährige Deutsche Reich nicht lange gewährt hat.

Die Bibel dagegen geht nun schon mit ungebrochener Kraft in das Dritte Jahrtausend.

Beim Verlassen des Flugzeugs in Frankfurt traf ich die Frau mit der Heiligenfigur wieder. Die Statue hatte die Reise unbeschädigt überstanden.

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