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Dezember 2010 - vier Jahre

Am 22. Dezember 2010 jährt sich zum vierten Male der Todestag unseres Sohnes – wieder Zeit für eine kleine Rückschau.

Bundeskanzlerin Merkel besuchte in 2010 erneut die Volksrepublik China und mahnte dort zum wiederholten Male die Einhaltung der Menschenrechte an. Deshalb schrieb ich im Juli 2010 einen Brief an die Bundeskanzlerin, denn gut gemeinte Reden können durch die Realität untermalt werden. Es war für mich keine Überraschung, daß der Brief Frau Dr. Merkel nicht erreichte, sondern vom Bundeskanzleramt an das Auswärtige Amt weitergereicht wurde.

Von dort wurde er im August 2010 in  einer freundlichen Art abgewehrt. Man teilte mir mit, daß es seit dem Besuch von Bernhards Vater in Peking im Dezember 2007 keine neuen Erkenntnisse zum Tod meines Sohnes gegeben habe. Die chinesischen Behörden würden weiterhin Fremdeinwirkung ausschließen und hätten die Ermittlungen Ende 2007 abgeschlossen.

Richtig ist, daß  uns Ermittlungen der chinesischen Behörden mit dem Ziel herauszufinden, was tatsächlich geschehen ist, überhaupt nicht bekannt sind. Man hat vielmehr eine Todesbescheinigung ausgestellt, in der eine Todesursache angegeben wurde, die so nicht richtig sein kann. Die Chinesen mußten nicht damit rechnen, daß Bernhards Eltern umfangreiche Recherchen anstellen konnten und sich diese Angaben in höchstem Maße als zweifelhaft gezeigt haben.

Auch die deutsche Botschaft im Dezember 2006 hat keinerlei Hilfestellung geleistet, die über die Routine bei einem Todesfall eines deutschen Staatsangehörigen im Ausland hinausgehen.

Nach Erhalt der Todesnachricht am 24.12.2006 ist mein Mann am 26.12. sofort nach China geflogen. Er hatte nur ein Visum für drei Tage erhalten und als er zurückkam, hatte er die Asche seines Sohnes im Gepäck, aber keinerlei Information darüber, was überhaupt geschehen war. Wir mußten selber die Sache in die Hand nehmen und trotz heftigster Widerstände versuchen, die Wahrheit herauszufinden. Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang die Reaktion des damaligen deutschen Außenministers, den ich über den Fall informiert hatte, selbstverständlich mit der Hoffnung auf eine Unterstützung des Auswärtigen Amtes. Herr Dr. Steinmeier ließ mir am 11. Januar 2007 schriftlich mitteilen, daß uns die deutsche Botschaft aus Peking unverzüglich informieren werde, „falls es weitere Entwicklungen gebe.“

Ja glaubte denn der Außenminister wirklich, daß eines schönen Tages jemand bei der deutschen Botschaft in Peking vorsprechen würde und einfach berichten würde, wie es denn wirklich gewesen ist?

Nun; es gab danach noch weitere Entwicklungen, aber nicht aufgrund von Mitteilungen der Deutschen Botschaft in Peking, sondern aufgrund eigener Recherchen unsererseits.

Die chinesischen Behörden verwickelten sich in Widersprüche. In der chinesischen Todesbescheinigung heißt es, daß unser Sohn tot aufgefunden wurde. Bei dem Gespräch am 17. Dezember 2007 beim PSB (Public Security Bureau) sagten die Chinesen, von meinem Mann in Verteidigungsposition gebracht, daß unser Sohn beim Auffinden noch gelebt habe und später im Krankenhaus verstorben sei. Warum dieser Widerspruch? Dieser ließe sich selbst heute noch aufklären, aber außer uns, Bernhards Eltern, hat niemand ein Interesse daran.

Wir haben alle unsere Kräfte und alle unsere Möglichkeiten in Deutschland und in China eingesetzt, um herauszufinden, was geschehen ist.

Am 5. Mai 2007 habe ich an den chinesischen Premierminister Wen Jiabao in Peking geschrieben. Kurz danach kam ein persönliches Schreiben des chinesischen Botschafters in Berlin mit dem Hinweis, dass es in Peking ein Video gebe, das Aufklärung geben soll.

Dieses Video, deren Vorführung ich hartnäckig gefordert hatte und das meinem Mann nach einem längeren Hin und Her von den chinesischen Behörden in Peking schließlich gezeigt wurde (es handelte sich dann um zwei Videos von jeweils sehr kurzer Dauer) und die den Tod von Bernhard erklären sollten, überzeugten nicht. Die Chinesen wußten nicht, daß mein Mann den Ort, an dem unser Sohn tot aufgefunden wurde, in Erfahrung hatte bringen können und die Örtlichkeit kannte und wußte, daß die Videos unmöglich so von einer Überwachungskamera aufgenommen werden konnten. Die Videos waren in sich widersprüchlich und nicht real. Nachweisen können wir eine Fälschung deswegen nicht, weil wir die Videos gar nicht haben. Trotz dringendster Bitten konnten wir keine Kopie erhalten. Warum nicht, wenn sie denn einer Überprüfung standhalten könnten?

Wir wissen nicht, wie unser Sohn ums Leben kam, jedenfalls nicht so, wie es uns die Chinesen glauben machen wollten. Wir selbst konnten vielmehr nachweisen, daß unser Sohn weder aus großer Höhe gestürzt ist (wie man in der Todesbescheinigung schrieb) noch daß er verblutet ist. Man hätte uns doch bei den eindringlichen Fragen meines Mannes bei dem Gespräch im Public Security Bureau mitteilen können, durch welche Verletzungen das Blut aus dem Körper ausgetreten sei, was schließlich zum Tode geführt haben soll. Hier blieb man uns wie in so vielen anderen Fragen die Antwort schuldig. Innere Verletzungen sind zumindest nicht nachgewiesen, weil keine Obduktion gemacht wurde. Die Behauptung, daß der Tod durch Verbluten eingetreten sei, ist also als Schutzbehauptung der chinesischen Behörden zu werten, um die Frage nach der Todesursache abzuwehren. Man hätte überhaupt am liebsten gehabt, wenn der Fall stillschweigend abgewickelt worden wäre und niemand Nachfragen gestellt hätte. Die Chinesen konnten auch davon ausgehen, daß dies so geschehen würde. Unsere Recherchen kamen ihnen demnach völlig ungelegen, und man versuchte sie abzuwehren wie nur immer möglich.

Wie ist es möglich, daß bei einem ungeklärten Todesfall keine Obduktion durchgeführt wird? Daß es keinen Polizeibericht zur Einsicht geben soll? Daß es keine Krankenhausakten zur Einsicht geben soll? Dass es kein Foto von dem toten Sohn geben soll? Wie ist es möglich, daß uns die chinesischen Behörden nicht den Leichnam unseres Sohnes nach Deutschland ausliefern wollten, vielmehr ihn beschlagnahmen wollten, falls wir darauf bestehen? Was wollte man dadurch verheimlichen bzw. vertuschen?

Frau Dr. Merkel wird sich auch in Zukunft bei möglichen Besuchen in der Volksrepublik China allgemein darauf beschränken, die Einhaltung der Menschenrechte anzumahnen. Immerhin. Ein Einzelfall, in dem man Aufklärung einfordern müßte, wäre nicht willkommen. Unsere Recherchen gehen weiter, unser Leben lang. Wir wissen aber, dass unsere Bemühungen, die volle Wahrheit herauszufinden, bisher nicht zu einem erfolgreichen Abschluss gekommen sind, weil das gemeinsame Interesse der deutschen wie der chinesischen Stellen darin bestand, aus dem Fall „Bernhard Wilden“ keinen Fall zu machen. Das Bedauern der Behörden, sowohl der deutschen als auch der chinesischen, ist sicher aufrichtig, aber das Interesse ist – wie so oft – stärker als die Suche nach der Wahrheit.

Bernhard bleibt für uns gegenwärtig.

Wir haben in diesem Jahr auch jemanden gefunden, mit dem wir gemeinsam ein Grabmal für unseren Sohn planen und entwerfen konnten und der es auch gestaltet hat.

Auf der rechten Seite des Grabmals steht Bernhards chinesischer Name

Weibote

darunter Schriftzeichen links:

Du wirst von uns immer geliebt werden

Schriftzeichen rechts:

Der Weg ist unbegrenzt und deine Überzeugung und dein Wirken werden weiterleben